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Keine Windkraftanlagen im Sicherheitskorridor von militärischen Tiefflugübungsstrecken

Datum: 09.08.2006

Kurzbeschreibung: Die uneingeschränkte und sichere Benutzbarkeit der von der Bundeswehr eingerichteten Tiefflugübungsstrecken ist ein Belang der Landesverteidigung, welcher der Errichtung von Windkraftanlagen innerhalb des Sicherheitskorridors solcher Strecken entgegen stehen kann. Dies hat der 3. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) in einem am 16.5.2006 verkündeten Urteil entschieden.

Die Klägerin hat beantragt, ihr einen Bauvorbescheid zur Errichtung einer Windkraftanlage auf einem von ihr gepachteten Grundstück zu erteilen. Die Anlage soll einschließlich der Rotorblätter eine Höhe von 140 m aufweisen (Nabenhöhe 100 m, Rotordurchmesser 80 m). Der vorgesehene Standort liegt 1 km von der Mittelachse einer Tiefflugübungsstrecke entfernt, den der Hubschrauberverband Niederstetten dort seit 40 Jahren betreibt. Das einschlägige Handbuch des Heeres legt für solche Übungsstrecken einen Sicherheitskorridor von 3 km fest (jeweils 1,5 km Abstand von der Mittelachse). Die Wehrbereichsverwaltung Süd wandte sich gegen die Erteilung eines Bauvorbescheids. Der Streckenabschnitt werde von Hubschrauberpiloten im Tiefflug mit einer Geschwindigkeit von etwa 180 km/h beflogen. Der Sicherheitskorridor sei insbesondere für Nachtflüge notwendig, damit ein Pilot im Falle eines Flugfehlers gefahrlos umdrehen oder seine Maschine bei Orientierungsverlust etwa nach plötzlichem Nebeleinbruch umgehend hochziehen könne. Daher stelle die geplante Windkraftanlage ein nicht hinnehmbares Sicherheitsrisiko dar.

Daraufhin versagte die Baurechtsbehörde den beantragten Bauvorbescheid. Der hiergegen eingelegte Widerspruch blieb ebenso erfolglos wie die Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart. Im Berufungsverfahren hat auch der VGH einen Anspruch der Klägerin auf Erteilung eines Bauvorbescheides mit im Wesentlichen folgender Begründung verneint:

Zwar habe der Gesetzgeber Windkraftanlagen dem Außenbereich zugewiesen, so dass sie dort privilegiert zulässig seien. Dies gelte jedoch nicht, wenn der Errichtung am konkreten Standort öffentliche Belange entgegenstünden. So liege es hier. Der Verteidigungsauftrag der Bundeswehr sei in der Verfassung verankert. Diesem gewichtigen Auftrag unterfalle auch die Einrichtung von Übungsstrecken für Tiefflüge durch die zuständigen Flugverbände auf der Grundlage eines gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren verteidigungspolitischen Beurteilungsspielraums. Daher seien Windkraftanlagen unzulässig, wenn sie die sichere und uneingeschränkte Benutzbarkeit solcher Übungsstrecken beeinträchtigten. Eine solche Auswirkung der geplanten Windkraftanlage habe die Wehrbereichsverwaltung plausibel dargelegt. Einer Gefährdung könne auch nicht dadurch begegnet werden, dass die Windkraftanlage beleuchtet oder ein Warnanstrich angebracht werde. Solche Vorkehrungen hätten keine Schutzwirkung, weil die Piloten bei Nachtflügen Bildverstärkerbrillen verwendeten, welche beim Blick in eine Lichtquelle abdunkelten und ein „grün-in-grün-Bild“ lieferten.

Der VGH hat eine Revision gegen das Urteil nicht zugelassen; hiergegen hat die Klägerin Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht erhoben (Az.: 3 S 914/05).

 

Grundgesetz Art. 87a Abs. 1 Satz 1: Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf. ...

Baugesetzbuch § 35 Abs. 1:
Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es ...
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5. der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wind- oder Wasserenergie dient, ...

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