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Hochschulen dürfen Studiengebühren erheben

Datum: 16.02.2009

Kurzbeschreibung: Die Erhebung von Studiengebühren auf der Grundlage des Landeshochschulgebührengesetzes ist rechtmäßig. Das hat der 2. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) in seinen heute verkündeten Urteilen entschieden. Die von den Klägern - einer Studentin an der Pädagogischen Hochschule Freiburg sowie drei Studenten an der Universität Karlsruhe - eingelegten Berufungen gegen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte Freiburg und Karlsruhe blieben damit ohne Erfolg.

Das Ende 2005 geänderte Landeshochschulgebührengesetz sieht die Erhebung allgemeiner Studiengebühren für "grundständige Studiengänge und für konsekutive Masterstudiengänge" an staatlichen Hochschulen und an Berufsakademien in Höhe von 500 € je Semester ab dem Sommersemester 2007 vor. Die Gebühren stehen der Hochschule und Berufsakademie, die sie eingenommen hat, zweckgebunden für die Erfüllung ihrer Aufgaben in Studium und Lehre zur Verfügung. Über die Verwendung der Einnahmen ist unter Beteiligung einer Vertretung der Studierenden zu entscheiden. Aufgrund dieser Regelung wurden die Kläger jeweils durch Bescheide der beklagten Hochschulen verpflichtet, für die weitere Dauer ihres Studiums - beginnend ab dem Sommersemester 2007 - eine Gebühr in Höhe von 500 € je Semester zu entrichten.

Die gegen diese Bescheide erhobenen Klagen hatten in der ersten Instanz keinen Erfolg. Mit ihren Berufungen machten die Kläger wie schon vor den Verwaltungsgerichten geltend, die entsprechenden Vorschriften des Landeshochschulgebührengesetzes seien verfassungs- und bundesgesetzwidrig. Die Gebühr schrecke Studierwillige aus einkommensschwachen Elternhäusern von der Aufnahme eines Studiums ab und verstoße deshalb sowohl gegen das Grundgesetz als auch gegen den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, dem der Bundesgesetzgeber mit Gesetz vom 23.11.1973 zugestimmt habe.

Die Kläger beanstandeten ferner die Ausgestaltung der Befreiungsvorschriften sowie der Übergangsregelung. Das Landeshochschulgebührengesetz sieht eine Befreiung vor für Studierende, die ein Kind pflegen und erziehen. Dabei gilt nach der ursprünglichen Fassung der betreffenden Vorschrift eine Altersgrenze von acht Jahren. Die Klägerin ist Mutter von zwei Kindern, die beide älter als acht Jahre sind. Eine Gebührenbefreiung wurde ihr deshalb nicht gewährt. Die Klägerin hält dies für gleichheitswidrig. Die Kläger waren vor ihrem Studium zum Wehr- oder Ersatzdienst einberufen worden. Sie sind der Ansicht, dass sie gegenüber anderen Studierenden des gleichen Jahrgangs, die keinen Wehr- oder Ersatzdienst geleistet hätten, benachteiligt seien. Denn diese hätten zunächst noch gebührenfrei studieren können.   

Der VGH ist der Argumentation der Kläger nicht gefolgt. Nach Ansicht des VGH verstößt das Landeshochschulgebührengesetz nicht gegen höherrangiges Recht. Die Einführung der Studiengebühr kollidiere nicht mit Zielen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes. Nach dem Landeshochschulgebührengesetz habe jeder Studierende das Recht, bei der L-Bank ein Darlehen zur Finanzierung der während des Studiums anfallenden Studiengebühren aufzunehmen. Dadurch werde verhindert, dass Studierende BAföG-Mittel zur Zahlung der Studiengebühr aufwenden müsse. Das Gesetz stehe ferner mit der durch Art. 12 GG gewährleisteten Berufs- und Ausbildungsfreiheit in Einklang. Das Recht des Einzelnen, zum Hochschulstudium seiner Wahl zugelassen zu werden, beinhalte nicht den Anspruch, kostenfrei studieren zu dürfen. Art. 12 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip dürfte es den Ländern allerdings gebieten, bei der Einführung von Studiengebühren eine Regelung zu treffen, die den Belangen einkommensschwacher Bevölkerungskreise angemessen Rechnung trage. Dieser Verpflichtung werde jedoch mit dem Landeshochschulgebührengesetz entsprochen, da jeder Studierende das bereits erwähnte Recht zur Aufnahme eines Darlehens habe, das er im Regelfall erst zwei Jahre nach Abschluss seines Studiums in monatlichen Raten von höchstens 150 € zurückzahlen müsse. Die Verpflichtung zur Rückzahlung des Darlehens sei zudem einkommensabhängig. Sie setze bei einem Alleinstehenden nur ein, wenn dieser ein Einkommen von mindestens 1.060 € habe. Das Darlehen müsse allerdings verzinst werden. Der Zinssatz sei gesetzlich nicht auf einen bestimmten Betrag festgelegt, seine Höhe sei vielmehr von der Entwicklung des allgemeinen Zinsniveaus abhängig. Mit der Inanspruchnahme eines Darlehens sei deshalb eine erhebliche zusätzliche finanzielle Belastung verbunden. Für Studierende, die ein BAföG-Darlehen sowie ein Studiengebührendarlehen aufgenommen hätten, sei die Höhe der Rückzahlungspflicht jedoch auf 15.000 € begrenzt. Das Studiengebührendarlehen stelle sich danach für einen erheblichen Teil der BAföG-Empfänger als zinsloses Darlehen dar. Außerdem bestehe die Möglichkeit der Stundung, des Erlasses oder der Niederschlagung.
 
Nicht zu beanstanden sei weiter, dass die Studiengebühr auch von Studierenden bezahlt werden müsse, die ihr Studium noch unter der Geltung der früheren Rechtslage begonnen hätten. Das Interesse des Gesetzgebers, zur raschen Erreichung der mit der Neuregelung verfolgten Zwecke, Studiengebühren auch von bereits Studierenden zu erheben, wiege schwerer als deren Erwartung, das begonnene Studium ohne Gebührenbelastung abschließen zu können. Den Betroffenen sei zudem ein Zeitraum von 15 Monaten eingeräumt worden, um sich auf die Gebührenpflicht einstellen zu können.

Die Altersgrenze von acht Jahren, die bei der Gebührenbefreiung für Studierende mit Kindern ursprünglich gegolten habe, verstoße nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG. Der Gesetzgeber sei dabei davon ausgegangen, dass bei älteren Kindern der Betreuungsaufwand wegen der größeren Selbstständigkeit der Kinder geringer sei. Gegen diese Überlegung bestünden keine Bedenken. Dem stehe nicht entgegen, dass sich der Gesetzgeber inzwischen entschieden habe, die Altersgrenze von acht auf 14 Jahre anzuheben.

Das Landesgesetzgeber sei schließlich auch nicht verpflichtet gewesen, die Nachteile auszugleichen, die Studierenden, die zuvor Wehr- oder Ersatzdienst geleistet hätten, dadurch entstünden, dass sie ihr Studium zwei Semester später hätten beginnen können. Das Gleiche gelte für Studierende, die vor dem Inkrafttreten der Neuregelung in Hochschulgremien mitgewirkt hätten.

Die ausführlich begründeten Urteile werden den Beteiligten in den nächsten Wochen zugestellt.

Der Senat hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Verfahrens die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen. Die Entscheidungen sind daher zunächst nicht rechtskräftig (Az.: 2 S 1855/07, 2 S 2554/07, 2 S 2833/07, 2 S 1527/08).

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